Auch Globetrotter teilen die Welt in Interessensgebiete auf. Es gibt Afrika-Fans, die andere Erdteile unbeachtet lassen. Bergsteiger schwärmen vom Himalaya oder von den Anden, Kulturbeflissene finden in Indien weit mehr Ziele als im flächengleichen Brasilien.

Häufig werden wir gefragt, welches Land uns am besten gefallen habe. Wir wollen und können darauf keine zielsichere Antwort geben. Denn in jeder Gegend dieser Erde findet man etwas Interessantes, Reizvolles; und wenn uns morgen ein wohlgesonnener Mäzen sagen würde: "Hier ist ein Scheck, fahrt hin, wo immer es Euch gefällt" - wir würden alle Länder wieder besuchen, die wir schon kennen, und wenn der Scheck reicht, mit Sicherheit auch all die unbekannten.

Ganz frei von Wunsch-Zielen sind wir allerdings auch nicht. Unser Gefühlskompaß weist eindeutig nach Osten, der indische Subkontinent zieht uns magisch an. Daher wollen wir auch diesen Überblick mit der Reise nach Osten beginnen.

Asien

Europa ist uns allen sattsam bekannt, der Übergang von unserer nüchtern-kühlen Gefühlswelt in die menschlich sehr viel beziehungsreichere Welt des Orient vollzieht sich ziemlich rasch. Hat man das von Polizei wimmelnde Bulgarien hinter sich, tauchen in der europäischen Türkei bald die ersten Moscheen mit ihren spitzen Minaretts auf, Frauen in Pluderhosen folgen gehorsam dem Familienvater, der beinebaumelnd auf dem Esel voranreitet. Haut- und blechnahes Gedränge in Istanbul, das als Konstantinopel jahrhundertelang einen großen Teil der Welt beherrschte.

Der Einfluß des Islam ist nicht mehr zu übersehen. Fünfmal täglich erschallt der Ruf zum Gebet, die Moscheen dienen vor allem Männern zum Beten, Meditieren - und zu sehr alltäglichen Gesprächen. Die im Koran festgeschriebenen Gesetze, Ansichten, Meinungen und Auslegungen bestimmen das tägliche Leben. In der Türkei nicht ganz so streng wie im Iran, der zur Zeit das orthodox-fanatische Land schlechthin ist. Beim Abstecher nach Süden, auf die saudiarabische Halbinsel, herrschen zumindest nach außen hin ähnliche Vorstellungen und Gesetze, aber hinter den hohen Mauern der Höfe arrangiert man sich eher zwischen westlicher Dekadenz und orthodoxer Strenge.

Wer einmal in Saudi-Arabien zur Pilgerzeit, während der Hadj, unterwegs war und die Massen aus der gesamten islamischen Welt auf dem Zug bzw. Flug nach Mekka erlebte, kann vielleicht eher die Klammer dieser strengen monotheistischen Relgion verstehen, die so unterschiedliche Temperamente wie die saudischen Wüstensöhne und die in den satten Tropen gemütlich dahinlebenden Malayen zusammenhält. Und wenn man mit einem Hadji spricht und sich über das Erlebnis der unendlichen Gemeinschaft beim Pilgerzug um die Kaaba in Mekka, bei der das Individuum völlig in der Masse der Gläubigen aufgeht, berichten läßt, dann versteht man ein bißchen mehr von der Anziehungskraft, die diese strenge Relgion ausübt.

Der Monotheismus entstammt der Wüste, sei es Islam, Judentum oder Christentum. Die Geburtsstätten liegen eng beieinander. Und Wüste oder Steppe ist auch der pauschale Eindruck, der sich bereits in der europäischen Türkei einzustellen beginnt. Je weiter östlich man in der Türkei vordringt, umso mehr nimmt die Farbe Grün ab. Bereits in der Gegend um Ankara breiten sich Steppen von Horizont zu Horizont aus, später in Anatolien sind nackte, wüstenhafte Gebirgsstöcke zu durchqueren. Im Iran folgen dann echte Wüstenabschnitte und weiter im Ostiran,auf dem Weg nach Mashad werden die Entfernungen zwischen den Orten schon so weit, daß man eher von Oasenflecken sprechen kann.

Früher - in den "seligen" siebziger Jahren - folgte der Höhepunkt Zentralasiens: Afghanistan. Wir haben dieses Land fünf Mal besucht - und es war zwanzigmal zu wenig. Damals traf der Besucher auf stolze, selbstbewußte Menschen, die aber von einer so einfachen, aufrichtigen Herzlichkeit waren, daß man sich im wirklichen Sinn willkommen fühlte. Diese Leute bezwangen täglich aufs Neue eine garstige Umwelt: Als Nomaden mußten sie jedem der weit auseinanderstehenden Kameldornbüsche hinterher wandern, als Bauern Pflanze für Pflanze der Wüste abtrotzen. Diese Umwelt gehört zu einer wilden, bizarren Landschaft; der Hindukusch als Rückgrat des Landes ist ebenso herrisch-unnahbar wie die Bewohner stolz sind.

Schließlich erklimmt man den Khyberpaß und fährt hinunter in das Industal. Die Vegetation ändert sich fast schlagartig: üppige Gärten und Felder verwirren das Auge mit ungewohntem Grün. Auch die Menschen sind anders: Hier in Pakistan leben zwar auch sehr orthodoxe Muslime, aber die subtropische Vegetation und die viele Generationen zurückliegende hinduistische Vergangenheit haben einen weicheren, weniger geradlinigen Menschenschlag hervorgebracht. Das zentrale Pakistan ist menschlich anders als Afghanistan, aber auch landschaftlich nicht sonderlich berauschend, sofern man die Gebiete des Karakorum ausnimmt, dort besitzt Pakistan mit dem Nanga Parbat einen der höchsten Berge der Erde.

Diese Zeilen sollen nicht darüber hinwegtäuschen, daß Afghanistan derzeit nicht zugänglich ist, und daß Pakistan per Straße nur auf dem direkten Landweg im Iran auf der Linie Shiraz/Quetta erreicht werden kann. Weiterhin muß auf die Schwierigkeiten beim Grenzübergang Pakistan/Indien hingewiesen werden, der nur dann geöffnet ist, wenn das politische Klima zwischen den Nachbarstaaten und/oder im Grenzbereich stimmt; die Sikh-Unruhen im Pundjab führten z.B. zu langen Grenzschließungen.

Ein weiterer Bruch findet beim Grenzübertritt nach Indien statt. Die erste Stadt heißt Amritsar, in der früher (vor Ende der 70er Jahre) die Sikh friedlich neben den Hindus lebten. Ein Tag oder besser Abend im Goldenen Tempel von Amritsar führt den Besucher in eine neue Welt: Hier geht es nicht mehr um einen eifersüchtig- strengen monotheistischen Gott, sondern um Heilige des Sikh- Glaubens. Priester rezitieren, von Harmoniumspiel begleitet, aus dem Heiligen Buch der Sikh, Räucherstäbchen und Blumenketten verströmen betörenden Duft, die goldene Kuppel des Tempels spiegelt sich eitel im Wasserbecken, das den Sikhs für ihre riutellen Waschungen dient.

So wie sich der Charakter der Vegetation nach Verlassen der Wüstengebiete änderte, so paßt auch die dominierende Religion des Subkontinents, der Hinduismus, in diese üppige Umgebung: dem einen Gott der Monotheisten steht eine Vielzahl von Göttern (über 200 Millionen) der Hindus entgegen. Es ist der Unterschied zwischen Wüste und Tropen - hier die einzelne Pflanze, dort die verschlungene Vielfalt von Grün. So ist auch das Leben der Hindus von dem Mystizismus ihrer Religion geprägt. Das beginnt bei dem immer noch existierenden Kastensystem und dem geduldigen Ertragen einer per Geburt vorgegebenen Sozialposition, wird bei den täglichen rituellen Waschungen sichtbar oder den Pilgerfahrten zu den heiligen Städten. Immer trifft man auf Menschen, die in inniger Frömmigkeit ihrem Glauben verbunden sind; Erlebnisse wie die Pilgerströme in Varanasi (Benares) oder der von Musikanten begleitete Ausflug der Götterstatue eines Dorftempels zeichnen eine so andere, so entfernte Welt zu unserem Rationalismus. Als ein Wesensfremder begreift man sie nie so richtig, erwischt sich aber häufig bei dem Wunsch, in sie versinken zu wollen.

Indien fesselt den Besucher vom ersten Augenblick an: Die Luft ist schwer vom Duft der Blüten, Vogelschwärme zwitschern in den Bäumen, Wasserbüffel suhlen sich in Tümpeln und Flüssen. Die Menschen - auf jeder Dorfstraße wimmelt es von Unzähligen - sind bunt in vielen unterschiedlichen Trachten gekleidet; bei den Frauen dominieren die so kleidsamen Saris in allen denkbaren Farben, viele Männer wickeln sich Turbane um den Kopf und tragen luftige, flatternde Gewänder.

Der indische Subkontinent steckt aber auch voller Widersprüche. Hier der Hinduismus mit seinen fabelhaften Götterfiguren, die sich lieben, hassen, bekämpfen - nicht anders als die Menschen auch. Dort der strenge islamische Gott, der täglich von der Moschee verkünden läßt, er sei der Größte und Einzige. Hier die dem Hindu heilige Kuh, nebenan der Moslem, dem die heilige Kuh nichts anderes ist als ein Stück Fleisch, das gebraten am besten schmeckt. Der nicht vegetarisch lebende Hindu hält sich Schweine, die gebraten auch nicht gerade schlecht munden - das wiederum ist dem Muslim unvorstellbar und Sünde außerdem. Konflikt liegt also fast minütlich in der Luft.

Nepal, der nördliche Himalaya-Nachbar Indiens, kennt diese Probleme kaum, denn hier ist der Hinduismus Staatsrelegion, daneben zeigt der Buddhismus in seiner von Tibet kommenden Form des Lamaismus mit einigen großen Stupas und Mönchsgemeinschaften seine fest verankerte Existenz. Dieses kleine Land mitten im höchsten Gebirge der Erde ist so sympathisch von seinen liebenswerten Menschen her und, natürlich, von der imposanten Kulisse der zum Greifen naheliegenden Achttausender.

Der Subkontinent Indien als Reiseziel ist in erster Linie ein Lehrstück in Sachen des menschlichen Miteinander und der so anderen Lebensphilosophie und Überlebenskunst. Hier begegnet man wirklich anderen Gedanken über das Diesseits und Jenseits, hier muß man verweilen und versuchen, in eine ganz andere Vorstellungswelt einzudringen. Andererseits bietet Indien aber auch die prächtigsten Bauwerke - besonders im Norden aus der islamischen Mogul-Zeit -, im Süden riesige, dorfgroße Hindu-Tempelanlagen. Von der Landschaft her liegen die großen Attraktionen im Himalaya, aber auch die palmengesäumten Strände der Halbinsel sind nicht zu verachten, wobei das Traveller-Bade-Paradies die ehemalige protugisische Kolonie Goa ist.

Indien ist das Geburtsland des Buddhismus, der aber hier nicht überlebte, sondern vom Hinduismus aufgesogen wurde. Die heute typisch buddhistischen Länder liegen (außer Sri Lanka) weiter östlich. Burma, Thailand, Kambodscha und Laos waren noch vor wenigen Jahren die buddhistischen Hochburgen, derzeit sind nur Thailand und das etwas verschlossene (zumindest in der Aufenthaltszeit) Burma zugänglich.

Reisen in Thailand ist das Eintauchen in sanfte, ewig fruchtbare Landschaften, das Umgebensein von sanften (und nicht weniger fruchtbaren) Menschen. Dazu goldglänzende Tempel, Klöster und Stupas fast in jedem Dorf. Thailand und dann mehr noch die malayische Halbinsel liegen in tropischen Klimazonen, die Vegetation beweist es auf Schritt und Tritt. Besonders in Malaysia säumen Gummibaumplantagen die Straßen, erlebt der Reisende in jedem Augenblick, welche Üppigkeit Sonne und Regen hervorzubringen vermögen.

Ungewohnte Üppigkeit im wirtschaftlichen Sinn bietet der Inselstaat Singapur mit seinen sauberen Straßen und den leider etwas steril wirkenden Chinesenvierteln. Nicht anders, aber bei weitem nicht so sauber ist die zweite südöstliche Handelsmetropole Hongkong, phantastisch gelegen und ein Lehrbeispiel für die Kunst, auf engstem Raum zu überleben. Und schließlich nicht viel anders Taiwan, die so schöne, übervölkerte Insel von landschaftlich großartigem Reiz.

Mit Hongkong und Taiwan haben wir den großen, von den Chinesen beeinflußten Kulturraum betreten. Emsigkeit und Fleiß ist der Eindruck, den die Menschenmassen in China hinterlassen.

Die Ameisenstraßen von Radfahrern in Peking wirken auf den Neuankömmling schon fast alptraumhaft. Aber bald wird man in das reiche und alte kulturelle Erbe der Chinesen hineingezogen: Die riesige Verbotene Stadt mit ihren Palästen und Tempeln ist eins der dominierenden Bauwerke von großartiger architektonischer Schönheit. Die Große Mauer, nur 80 km von Peking entfernt, ist wiederum ein Zeichen für den Bienenfleiß der Menschen. China ist ein so ausgedehntes Land, daß man eigentlich Jahre dort zubringen müßte, um es voll zu erfassen. Seit der Öffnung auch für Einzelreisende strömen Heerscharen ins Reich der Mitte. Und jeder, der einmal hineingeschmeckt hat, möchte wiederkommen und mehr sehen und erleben.

Wer Indien sah und dann durch das disziplinierte, verhältnismäßig saubere China reist, kann häufig genug den Unterschied zwischen den beiden Nachbarn nicht fassen. Dort wimmeln um jede Frau Kinderscharen, hier die gesetzlich gebotene Einkindehe. Die Chinesen, nüchterner und systematischer veranlagt, bauten innerhalb weniger Jahre aus dem Chaos ein funktionierendes Gemeinwesen auf. Die Inder - aber dies ist nicht der Platz für dererlei Betrachtungen.

Sieht man vom riesigen Sowjet-Reich ab, das für Traveller wegen seiner Restriktionen nicht sonderlich attraktiv ist, so bleiben in Asien noch Südkorea und Japan. Korea hat in seiner leidgeprüften Geschichte häufig genug als Puffer zwischen Japan und China gedient und ist daher von beiden Kulturen beeinflußt. Allerdings wird für den Außenstehenden der Unterschied nicht so deutlich; denn gerade der Buddhismus, der dem gesamten ostasiatischen Raum entscheidende Impulse gab, zieht sich über alle diese Länder hin, wenn auch in der stark abgewandelten Form des "Großen Wagens".

Japan, am weitesten vom Entstehungsortdes Buddhismus entfernt, huldigt ihm dennoch, aber gleichermaßen der Naturreligion des Shintoismus. Ihm sind Tempel zu verdanken, die in vollendeter Harmonie mit der sie umgebenden Natur stehen. Japan ist eins der irrationalsten Länder überhaupt: Da kommt der Topmanager hastig in den Shintoschrein gerannt und richtet schnell ein paar Gebete an eine heilige Wurzel - anschließend fällt er mit kühler Rationalität Entscheidungen über die weltweite Marktstrategie eines neuen Computers. Die Japaner haben offenbar das Kunststück fertiggebracht, alte Traditionen neben modernsten Technologien bestehen zu lassen - ein hochinteressantes (und sehr teures) Reiseland, allerdings irgendwo zu perfekt, um die Faszination z.B. Indiens ausüben zu können.

Auch die beiden anderen großen Inselstaaten, Indonesien und Philippinen, üben große Faszination aus, sowohl von der Landschaft als auch von den gesellschaftlichen Strukturen der Bewohner. Nicht unerwähnt sollte Bali als eine Ausnahme-Insel im indonesischen Insel-Reigen bleiben. Die Touristenmassen scheinen der von der Relegion her hinduistischen Insel viel von ihrem vielgerühmten Charme genommen zu haben. Wer den Kommerz scheut, wird Enttäuschungen selbst in abgelegeneren Gebieten erleben.

Australien

Was gibt es schon Interessantes in Australien und Neuseeland, könnte man etwas arrogant fragen. Zweifellos reizt diese Gegend der Welt nicht gerade durch fremde Kultur - vielleicht eher dadurch, daß dort Biertrinken vor Kultur und Religion in der Rangliste steht. Trotzdem würden wir gern wieder in Australien und noch viel lieber in Neuseeland herumreisen. Australien besticht durch seine weite Leere. Nur 16 Millionen Menschen leben auf einem ganzen, wenn auch kleinen Kontinent. Riesige Entfernungen liegen manchmal zwischen den Siedlungen, es dauert Stunden, bis man mal wieder einen Menschen trifft, es kann Tage dauern, bis sich der Landschaftscharakter ändert.

Australien ist ein Land von seltener Uniformität: Der überwiegende Teil des Landes ist flach, Buschland, Steppe oder zum geringeren Teil Wüste; tagelang keine neuen Eindrücke beim Reisen. Fast in der Mitte des Kontinents liegt als eine der seltenen Abwechslungen ein einsamer, riesiger Felsen namens Ayers Rock im flachen Land herum, der den Ureinwohnern - Aboriginals - heilig und der Tourismus-Industrie sehr willkommen ist. Die Aboriginals sind einsame Menschen in ihrem eigenen Land, von den Weißen verachtet und unverstanden, in die letzten Winkel zurückgedrängt.

Nur an der Ostküste Australiens türmen sich ein paar Gebirsgzüge auf, aber kaum berauschend in Anblick und Erlebnis. Uniformität gilt sogar auch als Prinzip der Architektur: besonders auf dem Land und in den endlosen Vorstädten gleicht stereotyp ein Haus dem anderen. Völlig einsamer Höhepunkt ist dagegen das Opernhaus in Sidney, das wir als das großartigste Gebäude moderner Architektur beurteilen. Außer der großen Uniformität, die in eine Art landschaftliche Melancholie einfließen kann, bietet dieses Land dem Sportbegeisterten jede nur denkbare Möglichkeit zwischen Golf, Hochseefischen, Segeln und Surfen.

Eine großartige, phantastische und noch dazu dünnbesiedelte Landschaft erwartet dagegen den Besucher in Neuseeland. Kristallklare Seen und Flüsse, aus denen man trinken kann, begleiten den Wanderer auf all seinen Wegen. Spektakuläre, alpine Landschaften mit Gletschern, engen Schluchten und grünen Tälern bietet die Südinsel, vom Eindruck her lieblicher ist die Nordinsel. Auf Neuseeland sollte man viel wandern, jedenfalls der Natur so nahe wie möglich sein.

Lateinamerika

Zwischen Australien und den Amerikas liegt Polynesien, das riesige Pazifikgebiet mit stecknadelkopfgroßen Punkten, die sich bei näherem Betrachten als Inseln oder kleine Atolle erweisen. Diese Gegend der Welt muß ihren ganz eigenen Reiz haben - wir kennen ihn leider nicht.

Lateinamerika haben die Spanier und Portugiesen kolonisiert und zerstört. In Südamerika zerschlugen sie die blühende, sehr hoch stehende Kultur der Inkas, in Mexico/Guatemala die der Azteken und Mayas. Sie leisteten ganze Arbeit, von der Kultur der Ureinwohnern blieb nicht viel übrig.

Doch verweilen wir noch in Südamerika. Für den Besucher am interessantesten ist zweifelsohne Peru, das Stammland der Inka. In den Museen von Lima kann man bestaunen, welchen Stand der Inkastaat erreicht hatte. Aber auch in Cusco sieht man noch Spuren der Inka- Architektur, oder vielmehr das, was christliche Fanatiker davon übrig ließen. Weitgehend erhalten ist die ehemalige, landschaftlich ungeheuer beeindruckend gelegene Inkafestung Machu Picchu, ein paar Eisenbahn-Stunden von Cusco entfernt.

Hier im Hochandengebiet leben die Nachfahren der Inka - fast wie vor Jahrhunderten. Die Bauern, die Campesinos, schuften mit stoischer Gelassenheit Tag und Nacht, um sich meist gerade eben am Leben erhalten zu können. Sie sehen auf den ersten Blick etwas verschlossen und abweisend aus, diese eigentlichen Besitzer Südamerikas. Aber wenn man mit ihnen nähere Bekanntschaft schließt, erfährt man sehr viel menschliche Wärme und Herzlichkeit. Uns ist die Aufnahme gerade in abgelegenen Dörfern unvergeßlich geblieben. Doch sollte man heutzutage abgelegene Dörfer meiden, denn die Guerilla-Truppe "Leuchtender Pfad" stürzt das Land mehr und mehr ins Chaos, so ist besonders das Hochandengebiet mit großer Vorsicht zu betrachten.

Die Wirbelsäule Südamerikas sind die Anden, oder eigentlich sind sie Südamerika, denn alles Flachland an ihren Seiten scheint von ihnen abgeschwemmt worden zu sein. Und die Reise durch die schier unaufhörlichen Anden zählt zu einem der großartigsten Landschaftserlebnisse der Erde: von Höhen zwischen 4000 und 6000 m scheinen sie im Westen geradezu ins Meer zu stürzen, von einer Küsten-Wüstenebene gesäumt, die sich vom nördlichen Peru bis in mittlere Chile zieht. Reisende auf dem Hochplateau der Anden in Bolivien und Zentralperu erleben bei klarem Wetter berauschende Ausblicke. Schneebedeckte Riesen säumen im Westen und in Osten das sog. Altiplano, glasklare Seen - deren größter der Titicaca ist - liegen zwischen den Gebirgsstöcken.

Auf der Ostseite fallen die Anden nicht weniger steil ab in die Ebenen - Pampas - Argentiniens und Brasiliens. Von der präkolumbianischen Bevölkerung (sofern diese Gebiete überhaupt besiedelt waren) ist nicht mehr viel zu bemerken, die Nachfahren der Südeuropäer geben hier eindeutig den Ton an, gut vermischt mit deutsch.

Argentinien besitzt im Andengebiet einige großartige Naturwunder. Ansonsten ist das Land geschaffen für Riesenfarmen, die den Weltmarkt mit Steaks beliefern. Buenos Aires könnte fast in Italien liegen, so sehr bestimmen die Nachfahren der Italiener das Flair dieser Stadt. Ganz anders sieht die faszinierendste Stadt Südamerikas, Rio de Janeiro, aus. An herrlichen Badestränden gelegen und von steil abfallenden, subtropisch überwucherten Berghängen gesäumt, ist diese Stadt ein brodelnder Hexenkessel vitalen Lebens. Hier haben sich alle Rassen vermischt, von Schwarzafrikanern bis zu dünnhäutigen Nordeuropäern. Herausgekommen sind Leute, deren Temperament im Karneval vollends sichtbar wird.

Brasilien zählt von der Fläche her zu den größten Ländern der Erde. Im Norden werden die ausgedehntesten Regenwaldgebiete der Erde unaufhörlich dezimiert, der Amazonas ist ihre große Lebensader. Das Quellgebiet dieses riesigen Flusses liegt in Ecuador, einem fast gemütlichen kleinen Land auf dem Äquator mit der hübschen Hauptstadt Quito im Hochandengebiet. Es folgt nach Norden Kolumbien, von dem der größte Teil im hier schon etwas niedrigeren Andenbereich liegt. Die Berge sind häufig bis zum Gipfel hinauf grün und als Farmland genutzt, dennoch windet sich die durch den Kontinent ziehende Straße Transamericana auf 2000 bis 3000 m hinauf, um sich nur wenig später wieder ins nächste Tal auf fast Meereshöhe hinunterzuschrauben. Kolumbien ist bekannt als ein Land mit hoher Kriminalitätsrate und durchaus aggressiven Banden.

Venezuela ist durch seinen Ölreichtum wirtschaftlich besser gestellt als Kolumbien, landschaftlich seinem Nachbarn ziemlich verwandt. Die Guayna-Staaten liegen etwas außerhalb der üblichen Globetrotter-Routen, sie sind von tropischem Regenwald überwuchert und relativ wenig erschlossen. Anders steht es mit der Kette der Karibik-Inseln, von denen einige zumindest Badetouristik- Schwerpunkte bilden.

Vielleicht an dieser Stelle ein Tip: In Venezulea soll man als Ausländer ohne dortigen Wohnsitz ein Fahrzeug kaufen und zulassen können, man spart dann die teure Verschiffung.

Auch die zentralamerikanischen Staaten hängen an der Fortsetzung der Andenkette. Auf den meist recht hohen Gebirgszügen siedelten bevorzugt die europäischen Kolonisatoren und errichteten auch die Hauptstädte dort. Alle diese Länder sind landschaftlich sehr reizvoll. Am schönsten empfanden wir Costa Rica, aber auch die anderen Staaten stehen diesem Eindruck kaum nach. In Guatemala stößt man auf präkolumbianische Kultur; die aus ihrem Dornröschenschlaf mittem im Dschungel erweckten Ruinen von Tikal sind sehr eindrucksvoll.

Von dort ist es nur ein Katzensprung zur mexikanischen Halbinsel Yucatan. Glasklares, tiefblaues Meer säumt die südöstliche Küste, kein Wunder, daß Touristen in Scharen hier einfallen. Aber Yukatan war auch die Hochburg der Maya, die hier bestaunenswerte Tempelanlagen hinterließen, z. B. Chizen-Itza, Uxmal u.a. Das zentrale Hochland von Mexiko, einstmals von den kriegerischen Azteken beherrscht, hat schon arg steppenartigen Charakter, zumindest ist von tropischem Überfluß nichts mehr zu spüren. Mexico City ist eine ungeheuer pulsierende Stadt, eine der schillerndsten Lateinamerikas. Die Vergangenheit der indianischen Bevölkerung konnte nicht vollends ausgelöscht werden, in der modernen Kunst wird sie zumindest wieder wach. Diese Stadt muß man eine Weile erleben, muß sich aber auch mit dem tragischen Niedergang des Aztekenreiches auseinandersetzen und darf dabei die historischen Hinterlassenschaften in und um Mexico City nicht auslassen.

Nordamerika

USA und Kanada zählen zu den stinknormalen Reiseländern, da gibt es kaum Überraschungen mit Verkehrsverbindungen, keine uns fremde Kultur etc. Was also könnte uns in die Hochburg des Kapitalismus locken? Vielleicht gerade das: z.B. Wolkenkratzerstädte wie New York, Chicago oder Los Angeles; Disneyland und Raketen-Bahnhof, endlose Highways durch endloses Farmgelände.

Die Amerikaner selbst sind hilfsbereit und zu einer schnellen Freundschaft oder gar Gastfreundschaft aufgelegt. Für den Traveller ist das Vorwärtskommen problemlos, sei es mit Billigangeboten der vielen Airlines oder per Bus (Greyhound fährt fast überall hin) oder mit billigen Mietwagen. Beliebt sind auch Secondhand-Autos, die man am Ende der Reise wieder abstößt.

Wirklich einen Besuch wert sind die Rocky Mountains, die kaum weniger eindrucksvoll als ihr südamerikanisches Pendant, die Anden, sind. Hier liegen die phantastischen, wirklich spektakulären National-Parks wie Grand Canyon, Monument Valley, Death Valley, Yosemity und wie sie alle heißen. Nicht zu vergessen der Yellowstone Park, den die Amerikaner bereits im vorigen Jahrhundert zum Nationalpark erklärten und dabei die Idee der vor dem Menschen geschützten Natur erfanden. Diese Parks hegen und pflegen sie mit einer Liebe und Sorgfalt, wie sie bei uns in Europa kaum anzutreffen ist.

Wer Landschaft in ihrer grandiosen, überwältigenden Form erleben will, der muß diese Gegend besuchen. Das Angenehme daran ist, daß jede der Naturschönheiten so erschlossen wurde, daß sie selbst dem Fußkrüppel leicht zugänglich ist - in anderen Gegenden der Welt muß man tagelang trecken, hier kann man mit dem Auto bis an den Rand des Grand Canyon fahren.

Landschaftlich ebenfalls sehr schön sind Kanada und auch Alaska. Außer der Umgebung der Niagara Fälle kennen wir von Kanada nichts und können nicht mitreden. Aber noch ein Wort zu Niagara: das ist ein Platz, an dem bereits frühzeitig jeder einzelne Wasserstrahl, ja Tropfen touristisch genutzt und kommerzialisiert wurde - dieses Schauspiel ist neben dem des gewaltigen Wasserfalls betrachtenswert.

Zum Schluß dieses Kapitels ein paar Worte über New York. Wir hatten das Glück, ein Vierteljahr in dieser irren Stadt zu leben. Und wenn wir die Gelegenheit hätten, wir würden sofort wieder und für länger dorthin gehen. Warum? Es gibt wohl kaum eine Stelle auf der Erde, auf der sich so viele Rassen auf so engem Raum zusammendrängen und zum Teil auch vermischt haben. Daher rührt eine ungeheure Toleranz dem Anders-Aussehenden, dem Anders-Denkenden gegenüber. Nirgendwo sonst könnten so gegensätzliche Strömungen nebeneinander existieren, sei es in der Kunst, Kultur oder im täglichen Leben. New York wird nie müde, irgendwo ist immer etwas los, NY regeneriert sich unentwegt selbst - ein irrer Platz, unter anderem auch für Irre.

Afrika

Betrachten wir Afrika von Nord nach Süd: eine schmale Randzone am Mittelmeer ist seit alters her besiedelt, das ägyptische Niltal zählt zu den ältesten Kulturräumen der Menschheit. Dann folgt der große Riegel der Sahara und der Süden gehört den Schwarzafrikanern, die aus den Tropen entwachsen zu sein scheinen und von ihrer ganzen Mentalität her für diese Gegend geschaffen sind.

Westafrika besteht größtenteils aus der trockenen Steppenlandschaft des Sahel und ist erst dicht am Atlantik fruchtbar. Der wirklich tropische Einfluß bricht in Ostafrika voll durch und läuft allmählich nach Süden aus. Dies sind die Gebiete der großen Wildparks, die weltweit nicht ihresgleichen haben. Südafrika schließlich ist landschaftlich sehr schön und schlägt sich mit seinen hausgemachten politischen Problemen herum.

An Afrika hat uns zweierlei ungeheuer fasziniert: die Durchquerung der größten Wüstenfläche der Erde und das plötzliche Eindringen in scheinbaren Überfluß der Natur im subtropischen Bereich. Dieser Wechsel vom völligen Nichts ins totale Alles kam - obwohl sich über hunderte Kilometer hinziehend - so überraschend, daß er lange nicht so recht faßbar war.

Das zweite großartige Erlebnis waren die Menschen. Und zwar dort, wo sie noch in ihrer althergebrachten Lebensgemeinschaft des kleinen Dorfes oder Krals leben, dort sind die Schwarzafrikaner fröhlich, freundlich, herzlich, offenherzig wie unverdorbene Kinder. Sie leben um des Erlebnisses Leben willen. Ihre täglichen Arbeiten verrichten sie eher locker und fröhlich, nicht so sehr mit dem verbissenen Ernst rationaler Erwägungen. Bestimmend ist eher die emotionale Triebkraft, nicht so sehr nüchtern-rationales Kalkül. Wir haben weltweit nicht annähernd so einfach-glückliche, so unkomplizierte Menschen getroffen wie in schwarzafrikanischen Dörfern. Doch soll diese Schilderung einer, noch ein bißchen heilen Welt nicht darüber hinwegtäuschen, daß in den Ballungsgebieten und großen Städten die ethnischen und sozialen Probleme voll aufeinanderprallen.

Neben der Wüstenlandschaft der Sahara bietet Afrika nicht so Großartig-Berauschendes wie z.B. die Andenkette. Von der kulturhistorischen Seite liegen die wirklichen Attraktionen nördlich der Sahara. Höhepunkt ist sicherlich Ägypten, aber auch die anderen Länder der Mittelmeerküste haben reiche Vergangenheit und ein eigenes, sehr orientalisches Heute. Südlich der Sahara existierten nur selten und nur wenige größere Staaten, die typische Organisationseinheit vor der Kolonisierung war das räumlich eng begrenzte Stammesgebiet. Einige Stämme waren und sind künstlerisch sehr begabt und brachten z.B. kunstvolle Masken und Amulette hervor.

Betrachtet man also die Erde mit des Globetrotters Augen, dann bietet Asien die fremdartigste Kultur und die großen, neben dem Christentum stehenden Religionen. Asien ist der schillerndste Kontinent überhaupt, der zur Auseinandersetzung mit seinen unterschiedlichen Lebensformen herausfordert.

Australien, der dünnbesiedelteste Kontinent mit viel Platz und guten Sportmöglichkeiten, ist flach und ein bißchen arg uniform.

Die Höhepunkte der beiden Amerikas liegen hauptsächlich in grandioser Gebirgslandschaft "zum Anfassen", daneben in den Resten präkolumbianischer Kulturen und dem Industrie-Koloß USA.

Afrika hat Wüste anzubieten, im Norden Ägypten als Stammplatz auch unserer eigenen Kultur, im Süden freundlich-fröhliche Menschen inmitten tropischer Vegetation. Außerdem ist Afrika der Kontinent der Tierparks.