8. Unterwegs - fortbewegen

Als wir nach einer Reise um die Erde nach Deutschland zurückkehrten, packte uns die Angst im deutschen Straßenverkehr. Die hier praktizierte Rücksichtslosigkeit, die vielen Fahrern nicht mehr Bewegungsfreiheit als eine an Schienen gefesselte Straßenbahn erlaubt, ist anderswo kaum wiederzufinden. Andere Länder sind wesentlich flexibler oder wie die US-Bürger rücksichtsvoller und fairer.

So fällt es denn auch manchem Deutschen schwer, das Eisenschienen- Verhalten in der Ferne zu verlieren. Man kann aber als einzelner nicht ganze Völkerscharen zu deutscher Verkehrsmentalität erziehen wollen. Die Verkehrsregeln in der Fremde sind jedoch sehr schnell zu erlernen.

Gesetz Nr. 1: Der Größere hat immer recht bzw. die Vorfahrt
Gesetz Nr. 2: Man muß jederzeit auf alles gefaßt sein, weil sich jeder alles erlauben kann
Gesetz Nr. 3: Man kann, umgekehrt, auch sich selbst einiges erlauben
Gesetz Nr. 4: Gib dem anderen, wenn nötig und möglich, immer eine Chance.
Das bedeutet, daß man nie auf irgendeinem Recht bestehen sollte. Z.B. kann das Schild EINBAHNSTRASSE eine reine Deklaration sein. Ein eiliger Omnibusfahrer wird durchaus gegenteiliger Meinung sein und die Einbahnstraße entgegen der Fahrtrichtung benutzen. Wenn Sie in der richtigen Richtung fahren, aber an dem Bus wegen zu enger Straße nicht vorbeikommen - dann werden Sie den Rückwärtsgang einlegen müssen: Gesetz Nr. 1. Das Fahren ist in diesen Ländern noch mehr Kunst und Kunststück zugleich, hält wach und kann nach kurzer Eingewöhnungszeit durchaus Spaß machen.

Neben vielen andersartigen oder neuen Verkehrszeichen gibt es ein universelles und weltweit verbreitetes: ein Stein auf der Straße. Er deutet meist eine der folgenden Möglichkeiten: Vorsicht (allgemein), Straße gesperrt wegen Erdrutsch oder Überschwemmung, Baustelle, Straße nur in Gegen-Richtung befahrbar, Loch vor oder hinter dem Stein. Der Stein kann aber auch ganz schlicht vom letzten dort parkenden LKW, der ihn als Bremsklotz benutzte, liegen geblieben sein. An Bergen läßt sich fast immer auf diese Bedeutung schließen.

Auch der Lichterbaum besonders an LKW und Bussen ist der Erwähnung wert. Lampen irgendwelcher Art am Heck unterliegen sehr häufig der strikten Mißachung. Viele LKW tragen ein einziges Bremslicht - vorne, mitten auf dem Kühler (das ist tatsächlich vorteilhaft, weil man sehen kann, ob der entgegenkommende und zum Überholen ansetzende LKW bremst und einschert). Blinklichter werden häufig eingesetzt, um dem Nachfolger die Überholmöglichkeit anzuzeigen (falls Blinker am Heck vorhanden sind). Dabei blinken Pakistaner z.B. mit dem Blinker zur Fahrbahnmitte, wenn zum Überholen frei ist, zum Fahrbandrand, wenn Gegenverkehr in Sicht ist. Also genau umgekehrt der häufig in anderen Ländern geübten Praxis.

Omnibusse kennen keine festen Haltestellen. Sobald ein Fahrgast auftaucht, tritt der Fahrer voll in die Bremse. Wenn der gerade entgegenkommende Bus auch einen Fahrgast entdeckt, hält er auch und die Straße ist blockiert.

In Pakistan kann es Ihnen jederzeit (besonders auf der Rennstrecke Peshawar - Lahore) passieren, daß Ihnen zwei oder gar drei sich überholende Omnibusse entgegenkommen. Fahren Sie runter von der Straße, nicht zuletzt deswegen scheint der breite Randstreifen angelegt zu sein. Omnibusfahrer glauben Rennfahrer höchster Qualifikation zu sein, die meisten beherrschen ihr Fahrzeug einigermaßen. Aber es gibt auch solche, die gerade anfangen, die Fahrkunst zu erlernen oder, als nächst höhere Vorbildungsstufe, Erfahrungen als Ochsenkarrenlenker auf den Omnibus übertragen. Während unseres Aufenthaltes lasen wir fast wöchentlich von Omnibusunglücken mit vielen Toten.

Wie überall auf der Welt gilt daher besonders in Pakistan: DEFENSIV FAHREN!

Unfälle unterwegs ziehen weit mehr Komplikationen nach sich als in Deutschland. Wenn es um eigene und besonders um Bagatellschäden (das sind Blechschäden selbst größeren Umfanges) geht, dann sollte man unbedingt die Sache begraben und den Schaden bezahlen, auch wenn der andere noch so eindeutig schuld war. Uns rammte beim Parken in Ankara ein Omnibus. Trotz eindeutiger Sachlage drehten "getürkte" Zeugen und Polizisten die Sache so, daß die Schuld angeblich bei uns lag. Wir mußten vor einem Schnellrichter diese Pseudo-Schuld beschwören, andernfalls hätten wir mindestens 3 Monate auf Sachverständige, ein ordentliches Gerichtsverfahren und unsere eingezogenen Pässe warten müssen.

Generell gilt: Wenn Sie als Ausländer einen Unfall mit oder ohne Personenschaden bauen, halten Sie nach Möglichkeit nicht an, fahren Sie weiter bis zur nächsten Polizeistation, auch wenn die in der nächsten Stadt liegt. Wenn Sie anhalten, können Sie selbst sehr leicht Opfer einer hysterischen Menge werden, die sich in wenigen Augenblicken an der Unfallstelle sammelt. Es findet sich immer ein Aufputscher, der gesehen haben will, daß Sie dem Opfer hinterherfuhren, um es zu überfahren. All das werden Sie nicht verstehen können, niemand wird Ihnen übersetzen. Sie sind, wenn Sie Glück haben, nur das Opfer verbaler Aggressionen, wenn Sie Pech haben, gehen Autoscheiben oder mehr zu Bruch.

Das Beste ist, Unfälle zu vermeiden, Das klingt zwar sehr simpel, Sie können aber einiges tun dazu:

Defensiv fahren!
Nach Möglichkeit nie nachts fahren, weil Fuhrwerke, Radfahrer, auch Autos und LKW unbeleuchtet dahinfahren oder entgegenkommen, Menschen und Viecher auf oder an der Straße schlafen.
Soviel und so oft und so laut wie nur möglich hupen (spendieren Sie auch dem Beifahrer einen Hupenknopf).
In vielen Ländern Asiens nicht direkt einem anderen Wagen nachfahren, weil Straßenpassanten nicht daran denken, daß so bald ein zweiter Wagen nachkommen könnte.
Vor unübersichtlichen Kurven hupen, weil in den Augen vieler Einheimischer Kurven nur geschnitten werden können.
Niemals auf so lächerlichen Rechten wie Vorfahrt bestehen: Vorfahrt hat grundsätzlich der Größere.
Ein entgegenkommender und überholender LKW oder Omnibus wird Ihretwegen ungern die Geschwindigkeit reduzieren; sicherer ist, wenn Sie auf die Bremse steigen oder notfalls in die Büsche fahren.
LKWs sind meist überladen, bei nur geringer Schräglage kippen sie um; daran sollten Sie denken, wenn Ihnen ein Truck in Straßen- oder Kurvenmitte entgegenkommt.
Allen Verkehrsampeln mißtrauen, ROT gilt in den meisten Länder nur für den, der es nicht besonders eilig hat.
Lassen Sie dem anderen auch eine Chance: wenn einer auf Ihrer Fahrbahn entgegenkommt, denken Sie daran, daß er keine Bremsen haben könnte, daß die Lenkung versagt oder daß er in eine Einfahrt auf Ihrer Seite (die aber hinter Ihnen liegen mag) einbiegen will.
Glauben Sie nie, daß auf autobahnähnlich ausgebauten Straßen die Überholspur nur dem Überholen dient; dort können Ihnen jederzeit ganze Kolonnen LKW, Busse, PKW und Ochsenkarren entgegenkommen.
Fahren Sie keine Hochgeschwindigkeits-Rallye, mit z.B. 80 km/h hat man mehr Muße zum Sehen und zum Bremsen.
Der Übergang vom Rechts- zum Linksverkehr und umgekehrt (z.B. Iran/Pakistan) fordert immer wieder Opfer. Da hilft nur Konzentration und auch das Mitdenken der Beifahrer, die den Fahrer rechtzeitig an die richtige Straßenseite erinnern können.

Nicht wenige Leute haben sich für viel Geld einen neuen Motor z.B. nach Indien schicken lassen müssen, weil sie den alten ganz schlicht kaputt gefahren hatten. Es gibt ein paar sehr einfache Möglichkeiten, einen Benzinmotor frühzeitig zu verschleißen.

In vielen Ländern wird nur schlechtes Benzin mit niedriger Oktanzahl angeboten, das einen normalen Motor immer wieder zum "Klingeln" animiert. Man sagt, daß 10 km mit klingelnden Kolben dem Motor mehr Schaden zufügen als ein paar tausend km mit gutem Benzin. Während bei gutem Benzin eine kontinuierliche Verbrennung den Kolben in Richtung Kurbelwelle treibt, entzündet sich schlechter Brennstoff von selbst, noch bevor die Zündkerze den Funken an's Gemisch legt. Diese Selbstentzündung artet zur Explosion aus, alle beteiligten Teile - Kurbelwelle, Pleuel mit Lagern, Kolben - werden übermäßig beansprucht.

Klingeln läßt sich geringfügig reduzieren durch Zurückstellen der Zündung (um wenige Grad nur, sonst wird der Motor zu warm). Es gibt im Zubehörhandel Zusätze, welche die Eigenschaften von schlechtem Benzin verbessern, man muß jedoch große Vorräte mitschleppen. Aber auch schonende Fahrweise kann weitgehend das Klingeln verhindern: nie voll und vor allem nicht im niedrigen Drehzahlbereich beschleunigen, den Motor immer möglichst auf ca. 3000 U/min oder mehr halten, rechtzeitig zurückschalten. Weil in größeren Höhen die Verdichtung nachläßt, hört auch das Klingeln je nach Motor und Benzin ab 1200 - 1500 m Höhe auf.

Bei der luftgekühlten VW-Maschine muß man sich mit der Öltemperatur beschäftigen. Laut Werksangabe darf das Öl nicht wärmer als 130 Grad werden. Auf Straßen, auf denen man einigermaßen zügig fahren kann, ist diese Grenze in heißen Gegenden bald überschritten. Wer seinen Motor schonen will, wirft stets ein Auge aufs Ölthermometer und legt Kühlpausen ein, wenn die Temperatur zu hoch ist (oder baut sich einen zusätzlichen Ölkühler ein). Bei uns stellte sich heraus, daß die Temperatur nicht zu schnell unzulässig stieg, wenn wir die Maschine im Drehzahlbereich um 3000 U/min hielten.

Die Straßen der Dritten Welt sind nicht immer die besten. Durch forsche Fahrweise auf den üblichen Holperstrecken lassen sich Federpakete, Stoßdämpfer und die Hinterachsgelenke leicht aufarbeiten. Bei den etwas älteren VW-Busmodellen liegt das Lenkgetriebe recht exponiert, was bei Geländefahrten wehtun kann. Überhaupt kann der relativ lange Überhang des Vorderwagens im Gelände Schwierigkeiten bereiten. Steile Hänge muß man häufig schräg angehen.

Im Hochgebirge ab etwa 3000 m beginnt sich der Leistungsverlust infolge der Höhe (ca. 1 % pro 100 m Höhe) bemerkbar zu machen. Steile Pässe müssen mit soviel Schwung wie nur möglich angegangen werden; und diese Schwungenergie sollte man versuchen bis hinauf zu halten; d.h. rechtzeitig zurückschalten und lieber mal ein Stück im 1. Gang bleiben, um die Kraftpause beim Schalten zu vermeiden. Wir haben zweimal erlebt, daß 70-PS-VW-Busse an Pässen versagten, die wir ohne Mühe schafften. Das mag an etwas ungünstigeren Drehmomentverhältnissen gelegen haben, überwiegend jedoch an falscher Fahrtechnik.

Flußdurchfahrten stellen häufig die spannende Würze in einem Globetrotter-Alltag dar. Trotz aller Erkundungsgänge bleibt immer ein Restrisiko, weil tiefere Flüsse meist so trübe sind, daß man nicht auf den Grund sieht. Wir haben die tieferen Furten immer sehr genau untersucht, haben den lokalen Verkehr - falls im Laufe der Wartezeit überhaupt existent - beobachtet und durch "Begehen" der Furt die Tiefenverhältnisse und die Lage von dicken Steinen oder Sandbänken herauszufinden versucht. Bei einigen kritischen Durchfahrten schleppten wir eine Seilwinde (eine einfache Bootswinde) und Abschleppseile ans andere Ufer, um zur Not eingreifen zu können; allerdings gab es in der Gegend auch weit und breit keinen anderen Verkehr, auf dessen Hilfe wir hätten warten können. Auch betonierte Furten haben ihre Tücken: dort wo die Flut am tiefsten und trübsten ist, können ganze Betonplatten fehlen.

Für längere und tiefere Furten muß man den Auspuff per Schlauch nach oben legen, um die Abgase loswerden zu können (sonst Leistungsverlust bis zum Absterben) und auch um zu verhindern, daß beim abgestorbenen Motor Wasser durchs gerade offene Auslaßventil dringt und den Zylinder füllt. Ein solchermaßen buchstäblich abgesoffener Motor ist blockiert, das Wasser läßt sich nur durch Herausnehmen der Zündkerze wieder auspusten (brutale Anschleppversuche zerstören den Motor!). - In ganz tiefen Gewässern muß auch noch der Vergaserlufteinlaß hochgezogen und die Zündanlage gegen Wasser geschützt werden. Aber dann steht vermutlich auch der Wohntrakt unter Wasser.

Fahren im Sand ist ein spannendes, häufig auch ein anstrengendes Erlebnis. Der geübte Sandfahrer erkennt Weichsandstellen rechtzeitig, schaltet blitzschnell in immer kleinere Gänge, um mit möglichst viel Schwung und Kraft durch die häufig nur 20 - 50 m langen Stücke zu kommen. Bleibt man dennoch stecken, dann muß der Wagen entweder auf Sandbleche gefahren oder, wenn das nicht mehr geht, gehoben werden. Dann schiebt man die Bleche - am besten sind gelochte Leichtmetallbleche - unter die Antriebsräder und - falls vorhanden - zwei weitere Bleche vor die nicht getriebenen Räder. Diese kurze Anlaufstrecke genügt gewöhnlich als Startbahn.

Sehr vorteilhaft sind breite, möglichst profil-lose Reifen im Sand. Normalreifen kann man verbreitern, indem man Luft bis auf 0,8 - 1 Bar abläßt. Dieser Trick hilft durch so manche Weichsandstelle.

Verminderter Luftdruck - nach unseren Erfahrungen etwa 25 - 40 % weniger als normal - macht sich auch auf dem nervtötenden Wellblechpisten vorteilhaft bemerkbar. Die Stöße von den Wellblechkämmen werden schon ein bißchen im Reifen abgefangen, die Rüttelei vermindert sich merkbar. Der Nachteil ist, daß größere Steine bis auf die Felge durchschlagen können.

Schlamm- und Morastfahrer benutzen Schneeketten. Durch geschicktes Timing entgingen wir fast allen Regenzeiten und konnten auf diesem Gebiet kaum Erfahrungen sammeln. Schneeketten gehörten jedoch zu unserer Ausrüstung.

Zum Schluß noch ein Tip. Auf den einspurig asphaltierten Straßen Indiens bleibt immer der Größere auf dem Asphaltband. Bei entgegenkommenden LKW müssen Sie runter in den Dreck oder Schlamm am Rand. Aber: bei den entgegenkommenden PKW sind Sie der Größere. PKW-Fahrer versuchen Sie auszutricksen, indem sie scheinbar frontal auf Sie zuhalten, im allerletzten Moment verschwinden sie dann durch einen Schleuder-Schlenker vom Asphalt; das ist immer ein Spiel der stärkeren Nerven.

Wir reisten drei Monate mit der glücklichen Gewißheit, viel Zeit zu haben und uns treiben lassen zu können. Plötzlich stellten wir fest, daß wir bei diesem zwanglosen Tempo bald in die indische Regenzeit geraten würden, und daß wir dann 10 Jahre auf Achse sein müßten, um alle Ziele anzulaufen (was wir auch gern getan hätten, jedoch sprach das Bankkonto dagegen).

Daraufhin setzten wir uns zu den bereits anvisierten Zielen auch Termine. D.h. wir versuchten abzuschätzen, welche Fahrzeiten wir benötigen würden, wie lange wir jeweils bleiben wollten und gaben Zuschläge für besondere Überraschungen. Ein zunächst angenommenes Wochenraster erwies sich als zu grob, wir gingen schließlich dazu über, Tagesstrecken für Wochen oder Monate im Voraus festzulegen. Solche Ideen mögen wohl typisch für einen Ingenieur sein. Aber in einer Zeitspanne, die durch ein vorhandenes Betriebsvermögen bestimmt ist, möglichst Vieles sehr intensiv erleben zu wollen, das setzt schon fast einen EDV-reifen Optimierungsprozeß voraus. Die Früchte dieser Detail-Planung sahen wir immer wieder: andere mußten ganze Abschnitte auslassen, weil es ihnen an einem Platz zu lange zu gut gefallen hatte.

Solche Fahrpläne hängen natürlich von den ganz persönlichen Interessen der Beteiligten ab. Aber sehr bald werden Sie eine Art Gefühl dafür entwickeln, wie lange Sie sich eine Sehenswürdigkeit anschauen oder unter einer Palme am Strand glücklich sein möchten. Diese Erkenntnisse müssen in die Planung einfließen; sicher werden Sie manchmal dem Plan ein Stück voraus sein, manchmal hinterher. Aber Sie können jetzt ziemlich genau feststellen, ob Sie langfristig gesteckte Ziele zur richtigen Zeit erreichen werden.

Reise-Zeit bedeutet bei uns, daß alle Sinne gespannt sind und daß wir für jede Neuigkeit aufnahmefähig sind. Manchmal betreiben wir heute das Spiel, uns an einzelne, willkürlich herausgegriffene Tage aus den über 1000 Tagen der Weltreise zu erinnern - meist mit Erfolg, manchmal kommen Zweifel. Dann schlagen wir im Tagebuch nach.

Es spricht sehr viel dafür, ein Reise-Tagebuch zu führen. Eine solche Aufgabe bietet die hervorragende Möglichkeit, die vielfältigen Eindrücke und Geschehnisse eines Tages zu überdenken, sie zu ordnen und schließlich, sie auch besser zu behalten. Trotzdem sind unsere 10 dicken Tagebücher bereits jetzt zu einem Nachschlagewerk geworden, dem wir auch ganz trockene Informationen wie den Namen einer Reparaturwerkstatt o.ä. entnehmen können. - Wir machten die Erfahrung, daß sich am besten DIN A5 Ringordner eignen. Allerdings muß man genug Papiervorrat mitnehmen, weil viele Länder angelsächsische Papierformate verwenden.

An unsere Freunde in Deutschland schrieben wir regelmäßig "Rundbriefe", die von Empfänger zu Empfänger weitergereicht wurden. Auch das muß organisiert werden, bei mehr als 8 - 10 Teilnehmern in einer Kette kommt es zu unerfreulich langen Laufzeiten.

Neben dem Tagebuch gewöhnten wir uns an, in einem Logbuch täglich den Übernachtungsort und km-Stand zu notieren, auch das ist nach der Reise eine wertvolle Daten-Quelle. Ein Tankbuch für das Auto halten wir für unbedingt wichtig, weil aus der Kontrolle des Spritverbrauchs wichtige Informationen über Motorzustand etc. zu gewinnen sind.

Grenzen sind Greuel. Außerhalb Europas feiert die heilige Bürokratie wahre Begeisterungstänze an Grenzstationen. Der Beamte hinter dem Schalter verkörpert die volle Souveränität des neuen Landes, er läßt meist keinen Zweifel daran aufkommen. Je kleiner und unbedeutender ein Staat, umso mehr plustert er sich bei der Einreise auf. Es ist ein Wunder, daß so wenige Grenzbeamte auf der Welt verprügelt werden. Wir könnten Bücher mit Geschichten über arrogante, dumme Grenzer füllen, deren ganze Freude es war, die einreisenden Einzeltouristen zu demütigen.

Aber man ist den Herrschaften schutzlos ausgeliefert. Die bittere Erkenntnis von über 100 Grenzübertritten ist, daß man mit opportunistischem Geschwätz, eiserner Ruhe und betonter Freundlichkeit viele Nerven und ebenso viel Zeit spart. Wenn Sie sich per Kleidung das Aussehen von Geschäftsleuten geben, mag das häufig die Prozedur beschleunigen (bei der Einreise nach Ceylon mußte jeder von uns jeansbekleideten Bärtigen einen Mindestbetrag an Geld nachweisen, ein völlig abgebrannter Globetrotter, der Geld in Colombo erwartete, ging bei tropischen Temperaturen in Anzug und Krawatte ohne jede Frage wie ein König an Land).

Eine Schikane besonderer Art haben sich mittelamerikanische Grenzer ausgedacht. Jede Abfertigung außerhalb der Bürozeit muß Handgriff für Handgriff bezahlt werden. Das gilt auch für die 2 Stunden lange Siesta in der Mittagszeit. Trotz bester Zeitplanung gerät man sehr schnell in das feingesponnene Netz: die Beamten verstehen eine Abfertigung so hinauszuzögern, daß am Ende doch die Sondergebühren fällig sind.

Achten Sie darauf, daß alle Ihre Papiere richtig ausgefüllt wurden (besonders das Carnet); wir haben Fälle erlebt, in denen Leute bei der Ausreise an die Einreise-Grenze zurückgeschickt wurden, weil ein Stempel fehlte. - Meistens sind Formblätter in mehrfacher Ausfertigung auszufüllen; wenn Sie Kohlepapier und Kugelschreiber mit in die Station nehmen, ersparen Sie sich viel Arbeit. - Schauen Sie vor der Ausreise nach, ob Ihre Impfungen erneuert werden müssen, Sie könnten sonst im neuen Land in Quarantäne geschickt werden.

Mit Ihrem Camper sind Sie auf Gedeih und Verderb verbunden; selbst wenn Sie keine Lust mehr zum Autofahren haben, werden Sie das Fahrzeug nicht einfach irgendwo zurücklassen können, spätestens an der Grenze müssen Sie es vorweisen. Aber die Gefühle entwickeln sich meist umgekehrt, die Bewohner verfallen in heftige Zuneigung und können sich auch am Ende der Reise nur schwer von dem Gefährten trennen. Auf der anderen Seite fordert der Gefährte - wie jede Liebe - Aufmerksamkeit und Pflege. Man sollte daher dem Wagen täglich ein paar Minuten widmen:

Blick auf den Motor: ist der äußerliche Eindruck o.k.?
Kontrolle des Ölstandes
Luftdruck aller 4 Reifen überprüfen.
Bei Pistenfahrten kommt es zu den täglichen Routinen:

Luftfilter nachschauen und nötigenfalls reinigen
Wichtige Schrauben (Stoßdämpfer z.B.) auf festen Sitz kontrollieren
Staub und Schmutz aus dem Kühlsystem entfernen, z.B. mit Staub verklebte Ölwanne der besseren Kühlung wegen säubern (dabei auf Leckstellen achten).
Man wird sich zumeist täglich gezwungen sehen, die Windschutzscheibe zu säubern. Dazu empfehlen sich ein Mückenschwamm, ein Scheibenreiniger mit Gummilippe und Wassertank im Griff und ein Fensterleder.

Alle anderen Arbeiten am Wagen sind vom Kilometerstand abhängig. Man sollte zumindest den Ölwechsel und das Abschmieren in kürzeren Intervallen als vom Hersteller angegeben vornehmen, weil neben der höheren Belastung Öl und Fett zusätzlich durch den Staub verunreinigt werden. Auch weiß man nicht, wie gut das auf einem Bazar erworbene Öl ist (nehmen Sie nie aus offenen Behältern abgefülltes, untersuchen Sie die Dosen, ob sie nicht geöffnet und mit gebrauchtem Öl neu gefüllt wurden). Für Abschmierfett dürfte sich die Mehrausgabe für Fett auf Lithiumbasis lohnen.

Sie sollten sich unterwegs nicht so sehr auf Werkstätten für den üblichen Service verlassen. Zwar sind die Löhne gering, aber in vielen Fällen entspricht das Ergebnis nicht gerade den Anforderungen: nach unserem ersten Werkstattbesuch in Indien war weder ein einziges Ventil noch die Zündung richtig eingestellt.

Sie sollten daher zumindest die Arbeiten genau überprüfen oder sie, besser noch, selbst machen können. Aus der Service-Anleitung Ihres Wagens gehen die notwendigen Arbeiten hervor, sollten dort unverständliche Codes verwendet sein, so müssen Sie sich von Ihrer Werkstatt eine Übersetzung geben lassen. Machen Sie sich aus diesen Angaben eine übersichtliche Liste, die sie unterwegs jeweils abhaken.

Denken Sie daran, daß auch der Lack Ihres Wagens einer wesentlich höheren Beanspruchung durch Staub und Sonne ausgesetzt ist. Tausende Neugierige werden Fingerabdrücke (die sich als Fettschicht rund ums Auto ablagern) hinterlassen, werden ihre Nasen an den Scheiben platt- und ausdrücken. Neben einem guten Waschmittel sind Lackpflegemittel und deren Anwendung nötig. - Spröde werdende Dichtungsgummi lassen sich mit Glycerin (aus der Apotheke) wieder geschmeidig machen.

Das Auto per Schiff zu transportieren ist immer teuer und riskant. Innerhalb eines halben Jahres fielen z.B. im Hafen von Penang zwei Camper aus dem Kran. Deswegen schauen Sie sich vorher Kabel und Seile an.

Bei den wenigen Linien, die heute noch im Liniendienst Passagiere befördern, gilt das Auto als eine Art Handgepäck. Es ist dann relativ billiger. Frachtschiffe hingegen stellen Ihnen eine Rechnung für das maximale Volumen aus, daher überstehende Teile wie z.B. Stoßstangen abmontieren.

Trotz ständig steigender Frachtraten wird es immer schwieriger Schiffe zu finden, die Autos und Globetrotter transportierten. Containerschiffe setzen sich überall durch, auf diesen bleibt für Autos und Passagiere kein Platz. Es ist daher kaum möglich, jetzt und an dieser Stelle Linien, Fahrpläne oder gar Preise zu nennen, die auch nur für kurze Zeit Gültigkeit besitzen. Leider müssen Sie sich selbst auf die Suche nach aktuellen Möglichkeiten machen; hilfreich sollten Ihnen dabei die Angaben in Kap. 2.2 sein. Wenn Sie keine Linienverbindung finden, so gibt es häufig die Chance, auf ein sog. Trampschiff zu warten. Diese Schiffe fahren nicht regelmäßig bestimmte Routen ab, sondern richten sich nach dem aktuellen Bedarf.

Sie werden heute ein Schiff in der gewünschten Richtung praktisch erst dann finden, wenn Sie in einer Hafenstadt ankommen und die einschlägigen Agenturen abklappern. Planen Sie daher Ersatzziele in der näheren Umgebung der Hafenstadt ein, um längere Wartezeiten überbrücken zu können.

Warnen müssen wir vor den Dockarbeitern rund um die Erde. Zum Verladen müssen Sie das Fahrerhaus Ihres Wagens offenlassen, und diese Gelegenheit nutzen Docker gern, um ein paar handliche Dinge wie Autoradios oder ähnliches mitgehen zu lassen. Eine fest verschließbare Tür zwischen Fahrerhaus und Wohntrakt empfiehlt sich schon daher. Lassen Sie trotzdem Ihren Camper nie aus den Augen bis er im Schiffsbauch am endgültigen Stauplatz verschwunden ist; und umgekehrt natürlich. Auf dem Schiff wird normalerweise der Wagen verschlossen, der Schlüssel beim Lade-Offizier aufbewahrt. - Für Leute, die im Roll-on/Roll-off-Verkehr in die USA verschiffen: Lassen Sie nicht eine einzige wertvolle Sache im Auto, diese Strecke ist besonders gefährlich.

Die Schiffsfracht können Sie natürlich versichern, aber die Prämien sind den Risiken angepaßt, d.h. sie belasten eine Globetrotter- Kasse sehr. Der Schiffsagent nennt Ihnen Versicherer.

Erkundigen Sie sich vor dem Buchen auch nach den Hafengebühren Ihres Zieles. Es kann durchaus sein, daß ein Hafen im Nachbarland günstigere Konditionen in Bezug auf Hafen- und Zollgebühren bietet.

Das hier Gesagte gilt nicht für reine Fährschiffe, auf die Sie direkt und selbst fahren und die Sie nach kurzer Zeit wieder verlassen (z.B. Mittelmeer, Skandinavien).

Wenn Sie die Seereise-Kosten durch Arbeiten an Bord verringern wollen, so müssen Sie sehr viel Glück haben, einen solchen Job überhaupt zu finden. Ohne Seemannspatente geht es nur als sog. Überarbeiter, im See-Slang Robber genannt. Es ist ein blutigharter Job: der Tag an See dauert mindestens 10 Stunden, den Samstag als Zugabe inbegriffen. Man wirkt als Putzer, Rostklopfer, Anstreicher oder Farbabreiber und bekommt als Lohn die kräftige Seemannskost und die freie Überfahrt. Es gibt trotzdem nur noch ganz seltene Gelegenheiten dieser Art. Fragen Sie nicht die ortsansässige Agentur der Linie, die wimmelt nur ab. Fragen Sie, wenn das Schiff eingelaufen ist, den Kapitän, nur der ist kompetent.