Aus der Sicht der Entwicklungshilfe sollte das Beispiel Rot-Chinas sehr genau analysiert werden: die Chinesen haben, nachdem sie von den Russen sitzen gelassen wurden, ihre Wirtschaft und Technologie selbst entwickelt. Natürlich mußten sie bittere Rückschläge einstecken, aber sie lernten aus den Fehlern und verbesserten sich im nächsten Schritt. Die anderen Länder der Dritten Welt beziehen fertige Technologien ohne die - bittere - Chance, aus den eigenen Fehlern lernen zu müssen. Sie ahmen dann Fabrikationsprozesse nach, schauen zu und sprechen erlerntes Wissen nach. Ihnen fehlt aber häufig der wirkliche Bezug zur Praxis, das Wissen um Bedeutung und Wertigkeit von Details oder Einzelprozessen.
Die Fastenzeit der Muselmanen fällt in jenem Jahr mitten in den Sommer. Bereits kurz nach 4 Uhr morgens ruft der Muezzim per Lautsprecher vom Minarett der Moschee zum Gebet. Bis zum Sonnenuntergang nach 19 Uhr bleiben Speisen und Getränke unberührt. Während der Fastenzeit finden gewöhnlich keine Kurse im College statt, ich nehme ein paar Tage Urlaub und wir fahren nach Nordindien. Wieder sind wir fasziniert von diesem Land - und können es nicht versäumen, erneut das Taj Mahal zu besuchen, uns wiederum von der Majestät seiner Architektur fesseln zu lassen.
Bald nach der Rückkehr aus Indien beginnen die ersten Vorbereitungen für unsere Abreise aus Pakistan. Am 28. Oktober 1976 haben wir alle Abschiedspartys hinter uns. Die zum Teil rührenden Abschiedsgeschenke der Pakistaner sind verstaut. Bei strahlendem Sonnenschein verlassen wir mit Resignation und Trauer einen Ort, an dem wir vor 16 Monaten voller Idealismus und Pläne angekommen waren.
Wir planen, über Quetta, Shahedan, Isfahan nach Bagdad zu fahren. Aber auch am Tag der Abreise liegt das Visum für den Irak nicht vor. Der Beamte vertröstet uns, er würde das Visum nach Teheran schicken. Daher ändern wir unsere Pläne und fahren direkt über Kabul nach Teheran. Aber auch dort ist kein Visum eingetroffen. So bleiben wir auf der dichtbefahrenen "Ölspur" bis Shivas in der Türkei, biegen dort nach Südwesten ab und besuchen Kayseri und Göreme. Bald jedoch flüchten wir vor der empfindlichen Kälte nach Adana und von dort nach Syrien. Aber selbst der Wüstenplatz Palmyra kann uns nicht aufwärmen. Wir freuen uns, abends dem Hotel eine heiße Dusche abkaufen zu können. Auch in Damaskus macht sich der frühe Wintereinbruch unangenehm bemerkbar.
Wir kehren um nach Norden, folgen der Mittelmeerküste bis Antalya in der Türkei. Auf der Weiterfahrt treffen uns Schneeschauer, der Grenzübergang nach Griechenland ist vereist. Auch Saloniki - wo wir eine Pause einlegen wollten - überrascht uns mit Schneeschauern. Am nächsten Morgen liegt tiefer Schneematsch auf der Straße nach Skopje, auf vereisten Brücken hängen Autotrümmer im Geländer. Als wir schließlich an einem strahlenden Dezembersonntag Deutschland erreichen, hat sich eine dichte, in der Sonne glitzernde Schneedecke ausgebreitet. Unsere pakistanische Hündin Judy springt aus dem Auto, tobt und wälzt sich im Schnee, als ob sie in diesem Element aufgewachsen wäre.
Diesmal sind wir froh, zuhause zu sein.