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Kurz vor dem Khyberpaß treffen wir die beiden amerikanischen Weltumwanderer wieder, denen wir vor einem Jahr in der Türkei begegneten. Am nächsten Abend schlafen die beiden neben der Straße; Afghanen wollen sie bestehlen. Die Amerikaner schießen. Daraufhin holen die Afghanen Verstärkung und Gewehre: der eine Amerikaner wird erschossen, der andere schwer verletzt. (Der wanderte später trotzdem weiter und kehrte zwei Jahre später nach Amerika zurück.)

Fast einen ganzen Tag brauchen wir für den Grenzübertritt von Pakistan nach Indien. Ein indischer Beamter kann meinen Paß nicht lesen und schreibt in sein Kontrollbuch als Vorname "Oval" und Nachname "Blau" - die Angaben unter "Gesichtsform" und "Augenfarbe" im Paß.

Gleich hinter der Grenze biegen wir nach Norden in die Berge von Kashmir ab. Das Kashmirtal ist sicherlich im Sommer sehr hübsch. Aber im November empfinden wir nur noch Kälte. Die Kashmiri schleichen mit ihrer Individual-Heizung durch die Straßen: sie tragen einen kleinen Tonkrug, in dem Holzkohle glimmt, unter einem weiten Umhang. Ein frierender Postbeamter goß zusätzlich Petroleum in seinen Ofen; er verbrannte mitsamt Postamt und Briefen.

Wir wollen den Dalai-Lama besuchen und kämpfen uns über schmale, aber hübsche Straßen am Himalaya-Rand entlang nach Dehra Dun. Dort fragen wir - und erfahren, daß der Dalai-Lama seit Jahren in Dharmsala lebt. Wir müßten weit in der Richtung, aus der wir kommen, zurückfahren; wir verzichten auf den Besuch.

Wieder besuchen wir Dehli, eine Stadt, die wir bei unseren letzten Aufenthalten sehr schätzen lernten. Wir bleiben so lange, daß wir an unserem nächsten Ziel, in Agra, in der Vollmondzeit ankommen. Wiederum gilt unser Besuch dem Taj Mahal. Dieses Bauwerk ließ ein reicher Mogul-Herrscher seiner Lieblingsfrau als Grabmal errichten. Schon bei unserem ersten Besuch zog es uns ganz in seinen Bann. Diesmal betreten wir das Eingangsgebäude im Vollmondschein. Aus dem Dämmerlicht hebt sich zuerst die weiße Hauptkuppel ab, blaßweiß, zart und empfindsam vom Mondlicht nachgezeichnet. An beiden Seiten schimmern die Seitenkuppeln in mattem Glanz, darunter, mehr als dunkler Schatten, das quadratische Basis-Gebäude. Die große Kuppel scheint über ihrem Fundament zu schweben, von den beiden Seitenkuppeln gestützt. Wir bleiben fast eine ganze Nacht und können uns nicht sattsehen. Schon bei Sonnenaufgang kehren wir zurück und erleben, wie Licht und Schatten ein ganz neues Bild zeichnen. Das Taj Mahal ist für uns das schönste Gebäude der Welt, schön und vollkommen.

Folgten wir bei der ersten Indienreise den Küsten der Halbinsel, so haben wir jetzt unsere Route quer durchs Land gelegt. Wir berühren einige Orte, die nur selten von westlichen Touristen aufgesucht werden. Hier auf dem Land, abseits der Zentren, gefallen uns die Inder, besonders die einfachen Leute. Ihre Augen strahlen vor Herzlichkeit und Wärme. Obwohl kaum jemand englisch spricht, finden wir immer wieder Kontakt. Und wenn wir heute an all die von uns bereisten Länder zurückdenken, so glauben wir, daß geradedie einfachen indischen Dorfbewohner zu den Menschen zählen, die glücklich zu sein scheinen. Glück - soweit es sich an strahlenden Augen, offenen Gesichtern und Fröhlichkeit ablesen läßt.

Wir sehen uns die ältesten Stupas Indiens in Sanchi an, besuchen die buddhistischen Höhlenklöster in Ajanta mit 1300 Jahre alten und eindrucksvollen Fresken. Nicht weit entferntliegt Ellora. Dort haben Hindu-Baumeister in fast irrwitziger Arbeit zunächst eine Höhle in einen Felshügel getrieben, deren Innenwände genau einem gemauerten Tempel entsprechen. Dann trugen sie von außen den Fels solange ab, bis nur noch Wände in üblicher Mauerstärke stehenblieben: es entstand ein Tempel aus gewachsenem Stein.

Auf dem Weg gen Süden berühren wir kleine Orte wie Daulatabad, Aurangabad, Badami und Pattakal. Unser Ziel jedoch heißt Goa, Paradies Goa. Dort angekommen, fahren wir geradewegs zu unserer Palme vom vorigen Jahr: unberührt wiegt sie sich im Wind. Nichts hat sich verändert. Wir hatten befürchtet, daß uns der zweite Besuch enttäuschen würde, aber wieder genießen wir diesen herrlichen Platz, wieder sind wir glücklich wie vor einem Jahr.

Mit einer kurzen Unterbrechung allerdings. Sigrid hatte vor der Abreise leichte Leberbeschwerden. Sie fühlt sich seit ein paar Tagen etwas schlapp und geht vorsichtshalber zum Arzt, das heißt in die ambulante Abteilung des Krankenhauses. Vor dem Sprechzimmer warten vielleicht hundert Menschen. Ein Angestellter entdeckt Sigrid am Ende der Schlange und führt sie gleich ins Sprechzimmer. Dort jedoch teilen sich vier Ärzte den einen Raum und eine einzige speckige Untersuchungspritsche. Hinter jedem Arzt drängeln sich Wartende. Jeder Inder, der wenigstens eine Aktentasche und Schuhe besitzt, geht an der geduldigen Warteschlange vorbei direkt ins Zimmer. Sigrid bittet eine Ärztin, ihre Leberfunktionen zu überprüfen. Die Ärztin steht auf, zieht Sigrids linkes Augenlid hoch und stellt die Schnelldiagnose: "Gelbsucht". Zur Untermauerung ihrer These ordnet sie noch die üblichen Laboruntersuchungen an. Die Untersuchungsergebnisse sollen drei Tage später vorliegen.

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