Beitragsseiten

 

Neben den Problemen mit den Hausangestellten stört uns das Ghetto- Leben in der Colony. Eine solch kleine Gruppe von Ausländern trifft sich natürlich häufiger, ist auch viel mehr aufeinander angewiesen. Aber wenn eine Party die andere Party mit immer wieder denselben Teilnehmern und denselben Gesprächen ablöst, erscheint uns das auf die Dauer langweilig. Wir versuchen mit den Pakistanern Kontakte zu knüpfen.

Bezeichnend für unsere Bemühungen ist die Geschichte mit dem Bankmanager der Colony. Der etwa 25jährige, weltgewandte junge Mann lädt uns zu seiner Hochzeit ein. Seine Frau, eine Cousine zweiten Grades, wurde von den Eltern ausgewählt (auch heute noch sind 80 Prozent der Ehen arrangiert), die Hochzeit zieht sich über fast eine Woche hin. In dieser Zeit müssen mehr als 1200 Gäste bewirtet werden. Die Feiern finden in einem Damenzelt, zu dem wir Männer keinen Zutritt haben, und in einem Männerzelt statt. Die Männer sitzen den ganzen Tag herum, unterhalten sich, essen und trinken Wasser - Alkohol ist bei Muselmanen zumindest offiziell verpönt.

Im Damenzelt geht es wesentlich lustiger zu, dort tanzen die über und über goldgeschmückten Mädchen, Geschenke sind aufgestapelt und werden bewundert. Zwar versucht die Regierung per Gesetz, die Kosten für Hochzeiten einzudämmen; wir waren später zur Hochzeit eines Bauern eingeladen, dort nahmen nur 700 Gäste teil, das Essen war etwas bescheidener...

Kurze Zeit später laden wir den Bankmanager mit seiner jungen Frau zu uns ein. Die Frau, obwohl in der Großstadt Rawalpindi aufgewachsen, legt nur ungern den Schleier ab - sie kommt sich nackt vor, gesteht sie. Sie hat Englisch studiert und ist Englisch- Lehrerin an einer Mädchenschule. Trotzdem wagt sie es nicht, mit mir - dem fremden Mann - direkt zu sprechen. Sie bittet ihren Mann in der Landessprache Urdu, mir dieses oder jenes mitzuteilen oder sie beantwortet meine Fragen ihrem Mann mit der Bitte es mir zu sagen. Mit Sigrid allein klappt die Verständigung wesentlich besser, obwohl sie auch bei ihr mit Hemmungen Ausländern gegenüber zu kämpfen hat.

Natürlich drehen sich viele Gespräche mit Pakistanern um die Rolle der Frau. Wir versuchen zu verstehen, daß Frauen im Haus voll regieren und von dorther sicher auch einen weiten Einfluß in die Männerwelt vor der Haustür haben; daß andererseits der Mann seiner Familie mit Haut und Haar verpflichtet ist und daß sich die meisten Männer wohl auch für ihre Familie aufopfern würden. Bei dieser Rollenverteilung fühlt sich die Frau beschützt, viele Probleme werden von ihr ferngehalten. Letztlich stellt der Schleier das äußerliche Symbol dieses Schutzes dar: sie selbst kann alles beobachten, wird selbst aber nicht erkannt. Diese gesellschaftliche Situation trifft mehr oder weniger auf alle muselmanischen Länder zu. Die Beachtung der Koran-Lehren und -Verhaltensvorschriften zeigt weltweit eher eine Renaissance; Emanzipationsbewegungen im westlichen Sinn dürften zumindest vorläufig kaum eine Chance haben.

Wir versuchen diese Situation zumindest wertfrei als das zu nehmen was sie ist: der Sittenkodex eines Volkes, bei dem wir als Gäste leben. Auf der anderen Seite sind wir nicht bereit, unsere Vorstellungen von partnerschaftlichem Verhalten aufzugeben und Einladungen getrennt für Männlein und Weiblein zu arrangieren. Das wiederum ist den meisten unserer einheimischen Gäste derart ungewohnt, daß Hemmungen nicht abgebaut werden, Gespräche ins Stocken geraten, peinliche Pausen durch Phrasen überbrückt werden müssen. Viele Kontakte erschöpfen sich nach der ersten Begegnung. Wir bleiben letztlich die Fremden und die Fremdkörper in einer Kultur, deren Wertvorstellungen ganz anders als die unseren sind.

Auch meine Erfahrungen im College bestätigen diese so fremde Welt. Der orientalische Fatalismus macht uns Ausländern immer wieder zu schaffen. Physikalische und technische Vorgänge lassen sich nur rational erfassen und beurteilen; ein fatalistisches Abwarten, daß ein rational vorhersehbarer Fehler nicht eintreten werde, verschlimmert höchstens den Zustand eines Gerätes.

Andererseits sehen wir die Probleme der pakistanischen Counterparts, die sich entweder selbst profilieren wollen oder die ihre Arbeit ausschließlich uns überlassen. Eine echte Zusammenarbeit im Sinn von Geben und Nehmen, von Lehren und Lernen ist ungeheuer schwierig. Zwar finden wir uns schließlich damit ab, daß der Erfolg nur bescheiden sein kann. Aber diese frustrierende Einsicht ist hart. Sie führt schließlich dazu, daß Sigrid und ich beschließen, nach Ende des Vertrages keine neue, ähnliche Stelle zu suchen, sondern nach Deutschland zurückzukehren.

Ratschläge, Informationen, Tips

Beschreibung, Ausbau-Anleitung, Tricks