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Den neuen Teil der Hauptstadt Indiens - New Dehli - haben die Engländer gebaut. Man spürt noch über die üppig wuchernden Bäume, Blumenund Sträucher hinweg das britische Understatement, ein bißchen auch die Kühle. Alt-Dehli dagegen ist ein brodelnder Hexenkessel mit winkeligen Gassen, in denen sich Autos aller Jahrgänge, Ochsen- und Eselskarren, heilige Kühe, Fahrräder, Rikschahs, Lastenträger und unzählige Fußgänger drängeln.

Am Rand des Kessels liegt das Rote Fort, hinter dessen Mauern schattige Ruhe herrscht. Einer der Marmor-Pavillions dort ist so schön geraten, daß die überwältigten Erbauer in die Decke meißeln ließen: "Wenn es ein Paradies gibt auf Erden, so ist es hier, ist es hier".

In Dehli erfahren wir definitiv - im Gegensatz zu Auskünften indischer Stellen in Deutschland - daß Touristen höchstens sechs Monate in Indien bleiben dürfen. Erst nach einem halben Jahr dürfen sie erneut einreisen. Sechs Monate aber reichen uns nicht für dieses riesige Land. Wir überlegen lange, wo wir das halbe Jahr außerhalb Indiens verbringen sollen. Wenn wir für diese Zeit nach Deutschland fahren, könnte Sigrid Reise-Fotos auswerten, während ich mir einen vorübergehenden Job suchen müßte. Wir entscheiden uns für diese gar nicht schlechte Lösung: vor der indischen Regenzeit in den deutschen Sommer zu flüchten und vor dem deutschen Winter in die indische Trockenzeit. Dementsprechend legen wir die Route für diesen Reiseabschnitt fest. Wir wollen mehr oder weniger den äußeren Umrissen Indiens folgen, Nepal besuchen und etwa im März des kommenden Jahres in Richtung Deutschland aufbrechen.

Am Abend vor der Abfahrt aus Dehli schmilzt beim Kuchenbacken der Gasschlauch am Küchenherd. Niemand ist im Wagen. Zufällig entdecke ich von außen die lodernde Flamme, schreie "Feuer, Feuer" und finde vor Aufregung den Feuerlöscher nicht - obwohl wir täglich darüber stolpern. Endlich kann ich ihn aus der Halterung reißen und einen kräftigen Strahl in die Flammen schießen. Das Feuer erlischt, im letzten Moment. Der Innenraum des Autos ist rußgeschwärzt; unser Kuchen schmeckt nach Feuerlöschmittel.

In Udaipur genießen wir den Sonnenuntergang am See. Besser als je zuvor empfangen wir die Nachrichten der Deutschen Welle. Die Schlagzeile "Kriegsausbruch zwischen Indien und Pakistan" läßt uns den friedlichen, weltabgeschiedenen See vergessen. Wir fahren - wie auch andere Wagen - mit Standlicht zurück in die Stadt. Plötzlich hören wir Geschrei. Ein Lastwagen vor uns hält an, Inder zerren den Fahrer aus dem Führerhaus. Schon sind auch wir umzingelt. Wir vergaßen die Schiebetür abzuschließen, die Inder stürmen ins Auto. Wütend springt Sigrid nach hinten und treibt die Burschen widerstandslos aus dem Wagen. Ich fahre an, biege in eine Seitenstraße ab: ohne jedes Licht im Stockdunklen, die Straße nur am dunkel sich abhebenden Asphalt erahnend. Irgendwie finden wir zu einem sicheren Rasthaus, auf dessen Parkplatz wir übernachten.

Am nächsten Tag fahren wir weiter auf den Mount Abu. Dort oben, auf der Höhe eines Mittelgebirges, genießen wir unglaublich schöne Tempel der Jains, (eine sehr alte Hindu-Sekte). Alle Innenwände sind mit hauchzarten, filigranhaften Marmorschnitzereien verziert. Wir haben nirgends auch nur annähernd Ebenbürtiges wieder gesehen.

Nach der Stille des Mount Abu trifft uns in Ahmadabad die Wirklichkeit des Krieges. Morgens erreichen wir die Stadt. An einer der ersten Kreuzungen stoppt uns ein Polizist. Er spricht nicht englisch und fragt dann die Passanten, wer uns übersetzen könne, daß wir als Spione gesucht würden. Im Nu kreisen hunderte von Menschen unser Auto ein - leibhaftige Spione sieht man nicht alle Tage. Wir müssen eine Stunde warten, bis wir im Polizei-Konvoi mitsamt Auto abtransportiert werden. Diese Stunde zählt zu den riskantesten unseres Lebens. Zum Glück hören wir erst später, daß häufig bei solchen Gelegenheiten die Autos samt Insassen angezündet werden...

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