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Ich habe noch eine knappe Woche in Sydney auf Sigrids Rückkehr zu warten. Ich zähle Minuten und fast schon Sekunden bis dahin. Lange vor der Ankunft der Maschine stehe ich auf dem Flughafen. Dann endlich, mit einer Stunde Verspätung, schwebt der Lufthansa-Vogel ein. Die Zollabfertigung findet hinter verschlossenen Türen statt, draußen quetschen sich die Wartenden. Endlich entdecke ich Sigrid am anderen Ende der Halle, sicher renne ich ein paar Leute auf dem Weg zu ihr um. Wir fallen uns in die Arme - nach 77 unglücklichen Tagen sind wir endlich wieder vereint.

So lange Sigrid noch nicht gehen darf, mieten wir ein möbiliertes Zimmer in der Nähe der Universität. Vier Wochen später, nach den ersten erfolgreichen Gehversuchen, brechen wir zu einer Rundreise ins nördliche Australien auf. Ursprünglich wollten wir bis nach Cairns ganz im Norden fahren, geben aber unsere Pläne unterwegs auf, weil sich auch hier die Landschaft immer gleicht. In dieser Zeit beginnt unsere Enttäuschung über Australien langsam zu wachsen. Wir vermissen die Abwechslung und auch die Herausforderung fremder Kulturen. Hier fällt alles im täglichen Einerlei zusammen: der Landschaftscharakter ändert sich nicht, die Australier pendeln zwischen Arbeitsplatz und Fernsehgerät. Nachts, ja bereits am frühen Abend, sind die Straßen selbst in Sydney wie ausgestorben.

In Rockhampton kehren wir um. Wir fahren nach Lightning Ridge. Dort graben ein paar tausend Leute nach Opalen, und das "Goldgräberfieber" der Pioniere liegt tatsächlich über dem Städtchen. Es gibt kein anderes Thema als Opal und Geschichten über Leute, die über Nacht steinreich wurden. Jeder kann sich für ein paar Dollar Gebühren einen Claim abstecken und ein Loch bis zur etwa 10 m tief liegenden, opalführenden Schicht graben. Die meisten tödlichen Unfälle in Lightning Ridge passieren, weil betrunkene Opal-Sucher in diese Löcher fallen und sich das Genick brechen.

Wir suchen ein paar Tage lang, vergeblich natürlich, in aufgelassenen Claims nach übersehenen Steinen und fahren dann zurück nach Sydney. Wir hatten für Anfang Dezember ein Schiff für die Überfahrt nach Südamerika gebucht. Die zwei Monate bis dahin wollen - vielmehr müssen - wir arbeiten, unserer Reisekasse zuliebe.

Ich finde sofort einen Job als Ingenieur, Sigrid beschäftigt sich mit Büroarbeit, weil sie für eine Fotografen-Arbeit noch zuviele Schwierigkeiten mit ihrem Bein hat. Unsere Firma möchte, daß ich mich für Jahre verpflichte. Selbstverständlich will sie bei der Wohnungssuche behilflich sein. Wir aber wollen weder so lange bleiben, noch in eine Wohnung einziehen. So spielen wir ein ärgerliches Spiel. Vom Campingplatz fahren wir auf Umwegen in die Firma, damit niemand sieht, wo wir herkommen. Und wenn es, was sehr häufig passiert, eine Woche lang ununterbrochen regnet, kriecht der Schimmel an den Schuhen hoch, die Kleidung ist feucht und klamm. Sigrid muß manchmal kurz vor derAbfahrt meine Hose bügeln - australische Campingplätze bieten alle Stromanschluß - und ich ziehe sie erst auf dem Firmenparkplatz an.

Die Wochenenden verbringen wir meist in der Stadt. Wir haben einige Deutsche und Österreicher kennengelernt, vor deren Häusern wir häufig übernachten (wir schlafen grundsätzlich immer in unserem Auto). Aber unser Lieblingsplatz im Stadtzentrum liegt im alten Botanischen Garten: wenn wir morgens aufwachen, fällt der erste Blick auf das Opernhaus in Sydney. Von diesem Gebäude sind wir fast genauso begeistert wie vom Taj Mahal in Agra. Die "weißen Betonsegel" an der Hafeneinfahrt von Sydney stellen für uns ein einsames Meisterwerk moderner Architektur dar, gewagt und sicher genial mit den überhängenden Muschelschalen.

Der arabisch-israelische Krieg bricht aus. Seine Folgen treffen uns gleich: die einzige Schiffahrtslinie, die zwischen Australien und der Westküste Südamerikas operiert, stellt zunächst den Verkehr ein. Dann nimmt sie zwar den Dienst wieder auf, aber die Abfahrt verzögert sich von Woche zu Woche. Ursprünglich wollten wir Weihnachten bereits in Peru feiern, wir sitzen aber noch bis zum 15. Januar in Australien. Dann endlich können wir unser Auto im Hafen abliefern. Es wird erst einige Tage später verladen.

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